Gehirn: Fight Flight Freeze, sabotiert Diäten

Das Gehirn sabotiert Diäten

Warum Dickwerden normal ist

Was macht uns körperlich leicht? Spoiler Alert: Disziplin und Willenskraft sind es nicht. Andersrum gefragt: Was macht uns schwer? Mangelnder Wille oder Undiszipliniertheit? Nope, ebenso falsch. Das ist erforscht und leidvoll erfahren von abermillionen abnehmwilliger Menschen. Auch Ächtung und Scham braucht kein Mensch. So wie fülligere Menschen diskriminiert und schräg angeschaut werden, wären alle schon spindeldürr, wenn Scham es richten würde.

Warum ist Übergewicht zu einem globalen Gesundheitsproblem geworden? Kann die Antwort auf diese Frage auch auf Lösungen hinweisen?

Instinktive Stressbewältigung

Die Selbsterhaltungskraft des Menschen ist legendär. Sie ist aber keineswegs mit Willenskraft gleichzusetzen und hat auch wenig mit Vernunft zu tun. Im Gegenteil. Unsere Vorfahren, insbesondere aus der Steinzeit, haben überlebt, weil das menschliche Gehirn eine Abteilung für Instinkte hat, die schnelles Überleben ermöglichen – ohne Denken und Willen. Zweiter Überlebens-Bonus: der menschliche Körper hat die Fähigkeit, Energie zu speichern.

Mit Fight, Flight oder Freeze (Kampf, Flucht oder Stillhalten) reagieren Menschen auf Gefahren. Die Reize wirken im Stammhirn, dem ältesten Teil unseres Gehirns. Die dort gespeicherten Instinkte übernehmen in Sekundenschnelle, wenn es brenzlig wird. Das Großhirn geht auf Stand by, das Stammhirn sorgt für die körperlichen Reaktionen. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wenn wir also in Stress geraten, dann ist es nicht weit her mit Denken. Stattdessen setzt das Stammhirn den Körper in Alarmbereitschaft – Adrenalin wogt durch die Blutbahnen und sorgt für schnelle Energie in den Muskeln.

Doch in unserem zivilisierten Alltag brauchen wir die Energie nicht. Denn weder macht es Sinn, ein hupendes Auto zu verdreschen, noch kann man weglaufen, wenn die Chefin mit der nächsten Aufgabe um die Ecke kommt. Wir sitzen da, atmen schwer und versuchen „runter zu kommen“. Instinkte, die vor vielen hundert Jahren unser Überleben sicherstellten, sorgen für viel unverbrauchte Kalorien in den Muskeln.

Nicht nur die unverbrauchte Energie nach Stress wird gespeichert. Der Körper greift auf Geheiß des Gehirns immer gern zu, wenn es um Nahrungsangebote geht, auch ein Urinstinkt.

Die Probleme des Überangebots sind zu erahnen und Stoff für einen weiteren Blogbeitrag. Mein Augenmerk heute richtet sich auf die Speicherung von Energie.

Der Hamster in uns

Bis heute funktioniert das auf dieselbe Weise, wie vor vielen tausend Jahren: Wenn im Frühjahr, Sommer und Herbst die Früchte wachsen und das Obst zum Greifen nahe ist, dann haben die Menschen gegessen und was nicht verbraucht wurde als Fettpölsterchen gespeichert. Die Jagd half allenfalls über die ganz knappen Wochen hinweg – und war viel zu abhängig von Zufall und Glück. Gut dass der Körper das einfach ansammeln konnte für schlechte Zeiten. Und das Gehirn passt auf, dass wir Reserven behalten.

Wenn eine Diät begonnen wird, dann rastet das Hirn sehr schnell aus. Alle Hormone werden bemüht, um möglichst lange diese Hungerstrecke überstehen zu können. Der Stoffwechsel geht in den Supersparmodus. Wenn sich Nahrung präsentiert, dann wird der Körper mit Speichelfluss und Sehnsucht überflutet. Wenn dann auch noch Stress hinzukommt, werden die aufgenommenen und aktivierten Kalorien zu viel – aber dennoch unwiderstehlich. Gegen die eingeübte Resilienz hilft kein Wille. Steuert das Gehirn doch sowohl den Willen als auch die Instinkte – beides aber nicht zur selben Zeit. Das Hirn meint es gut, wenn der Kalorienbedarf runtergeschraubt und Appetit in Sekundenschnelle anspringt. Das eigene Gehirn arbeitet also gegen den Abnehmwillen und hat leider einen Verbündeten – die Lebensmittelindustrie.

Je verarbeiteter desto begehrter

Ebenso wenig, wie Stress heutzutage Flucht oder Kampf erfordert, müssen wir uns in der westlichen Welt im Winter Sorgen machen, nicht genug zu Essen zu ergattern. Das ist aber nicht in unsere DNA eingebrannt, da wirkt unser Steinzeitgehirn und sagt „mhmmm hier vor der Pommesbude riecht es aber lecker“, Nahrungsaufnahme bitte sofort!

Das gilt besonders bezüglich der hochkalorischen Makronährstoffe Kohlenhydrate und Fett. Wenn wir weißen Zucker, weißes Mehl essen, dann wirkt das auf unser Belohnungszentrum wie Kokain – es kommt zu einem Dopaminfeuerwerk und wir fühlen uns gut. Das wissen Lebensmittelkonzerne besser als wir es ahnen. Es gibt Craveabilty Manager, die eine möglichst attraktive Kombination aus Fett, Zucker und Salz verwenden und die dann sogar – zum Bespiel bei Chips – auch noch den richtigen Sound kreieren, damit es garantiert unmöglich ist, nur einen einzigen Chips zu essen.

Gewohnheit statt Wille

Unsere Instinkte sind machtvoll. Sie wirken ohne Denken, Vernunft oder Willen. Und wenn der Wille wieder regiert, dann genügt die Kraft zwar für Entschlüsse, aber die Willenskraft verbraucht sich schnell. Die Umsetzung von Entschlüssen bleibt der Strecke. Wie gelingt eine leichte Ernährungsweise gegen Instinkte und begrenzte Willenskraft? Gewohnheiten sind die Antwort! Zwei Mal täglich Zähne putzen gelingt, weil wir eingeübt und quasi im Autopilot erledigen. Wir müssen das nicht jeden Tag neu überlegen und entscheiden. Und genau das hilft beim Hinwenden zu einer leichteren Ernährungsweise. In der Leichtigkeitsschule dienen die Wochenaufgaben dazu, in kleinen Schritten neue Gewohnheiten einzuüben.

Mit kleinen Schritten zu großen Veränderungen

Ein Beispiel: Iss diese Woche kein Fleisch. Gerade wenn nur eine Sache angesagt ist und nur eine Woche geschafft werden muss, lassen sich diese Aufgaben durchhalten und Effekte wahrnehmen – es bleibt was hängen und die eine oder andere Gewohnheit bildet sich. Und dann wird es richtig leicht. Eine Vegetarierin muss nicht täglich mit sich verhandeln, ob eine Currywurst eine gute Idee ist oder nicht.

Probier es aus: Nimm dir diese Woche etwas vor!

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